Scheidung | Der Ehepartner will sich scheiden lassen – Das muss nicht wehtun

Veröffentlicht am 03.08.16

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Die nachfolgenden Ausführungen betreffen insbesondere die Themengebiete des Ehegattenunterhaltes, also sowohl Trennungs- als auch nachehelichen Unterhalt sowie Zugewinn und Versorgungsausgleich ausgehend vom Normalfall*1.Scheitert eine Ehe, müssen die Ehepartner vor Scheidung im Regelfall erst das sog. Trennungsjahr zurückgelegt haben.
Dies ist ein Zeitraum von 12 Monaten, welcher den Ehepartnern zur Verfügung steht zu prüfen, ob sie ihrer Verbindung noch eine Chance geben wollen oder sich voneinander tatsächlich lösen wollen.

Das Trennungsjahr

Derjenige Ehepartner, der sich trennen will, muss vor Trennungsbeginn dem anderen klar und unmissverständlich mitteilen, dass er sich trennen wolle. Der Trennungswille muss dem Anderen erkennbar sein. Eine bloße rein räumliche Trennung ohne entsprechenden Trennungswillen, wie z. B. ein längerer Aufenthalt im Ausland zur Montage oder Verbüßung einer Freiheitsstrafe reicht hier nicht aus. Der Trennungszeitpunkt ist von ausschlaggebender Bedeutung. Dieser wird im Scheidungsantrag, welcher beim Gericht zum Ablauf des Trennungsjahres eingereicht wird, angegeben. Der Trennungszeitpunkt setzt auch die Trennungszeit und damit den Lauf des Trennungsjahres in Gang. Im Regelfall setzt eine Ehescheidung den Ablauf des Trennungsjahres voraus. Eine Ausnahme ist die sog. Härtefallscheidung, wenn dem anderen Ehepartner das Abwarten des Trennungsjahres aus Gründen, die ausschließlich in der Person des anderen Ehepartners liegen, nicht zumutbar ist. Dies ist auf Fälle massiver häuslicher Gewalt, wiederholten und erheblichen Tätlichkeiten, Beleidigungen und vergleichbare Ausnahmesituationen beschränkt. Leben die Ehegatten länger als 3 Jahre getrennt, so wird unwiderleglich vermutet, dass die Ehe gescheitert ist. Leben die Eheleute 1 Jahr getrennt und reichen sie beide einen Scheidungsantrag ein oder stimmt der andere Ehegatte der Scheidung zu, wird ebenfalls unwiderleglich vermutet, dass die Ehe zwischen den Ehegatten gescheitert ist. Trennung bedeutet, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr aufrechterhalten wird und das eheliche Lebensband gelöst ist. Es dürfen keine Gemeinsamkeiten in den wichtigsten Lebensbereichen mehr bestehen, insbesondere dürfen keine Versorgungsleistungen wie Kochen, Einkaufen, Wirtschaften pp. oder gemeinsame Aktivitäten im Hinblick auf Urlaubs- und Freizeitgestaltung mehr durchgeführt werden. In vielen Fällen zieht ein Ehepartner aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung aus. Auch gibt es die sog. „Trennung von Tisch und Bett“ innerhalb derselben Wohnung. Hier leben zwar beide Ehegatten noch innerhalb derselben Wohnung zusammen, jedoch dürfen sie weder füreinander kochen noch gemeinsame Mahlzeiten einnehmen, im gleichen Bett schlafen, noch gemeinsam Familienfeste, Urlaube, Freizeit etc. miteinander verbringen.

Unterhaltsansprüche

Während der Dauer der Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung ist auch die Frage der durch die Ehe begründeten Unterhaltsansprüche (sog. Trennungsunterhalt) zu regeln. Unterhaltsverpflichtet kann in der Regel derjenige Ehegatte sein, der über ein höheres Arbeitseinkommen verfügt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der trennungsunterhaltsberechtigte Ehegatte seinen Anspruch geltend macht, beispielsweise in Form einer Lohn- und Gehaltsauskunft. Unterhalt kann im Normalfall erst von dem Zeitpunkt an gefordert werden, ab welchem Zahlung von Unterhalt oder zumindest Auskunft über das Vermögen oder Einkommen des anderen Ehegatten zum Zwecke der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gefordert worden ist. Ein Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit gibt es in der Regel nicht.

Sind aus der Ehe gemeinsame minderjährige Kinder hervorgegangen, so sollte auch der Kindesunterhalt geregelt werden. Dabei gilt bei minderjährigen, nicht verheirateten Kindern der sog. Grundsatz der Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt. Derjenige, bei dem die Kinder ihren Lebensmittelpunkt haben oder das Hauptgewicht der Kinderbetreuung leistet, erfüllt seine Unterhaltspflicht durch Versorgung der Kinder. Der Barunterhaltspflichtige hat einen bestimmten Geldbetrag in der Regel orientiert an den Bedarfssätzen der sog. Düsseldorfer Tabelle. Diese ist in Altersgruppen gegliedert und orientiert sich am Nettoverdienst des Barunterhaltspflichtigen. Die Düsseldorfer Tabelle wird alle 2 Jahre aktualisiert. Sie enthält nur den Elementarunterhaltsbedarf. Bei minderjährigen Kindern wird das halbe Kindergeld abgezogen. Die Düsseldorfer Tabelle ist kein Gesetz, sondern man stellt lediglich eine Richtlinie dar.

Die getrennt lebenden Ehegatten sollten sich in jedem Bereich auseinandersetzen, insbesondere in Vermögens- und Eigentumsangelegenheiten. Das betrifft auch die Verteilung des Hausrates, streng genommen von A wie Auto bis Z wie Zahnbürste. Insbesondere ist hier die gemeinsame Verpflichtung von durch die Ehegatten als Gesamtschuldner aufgenommenen Darlehen zu regeln oder die Eigentums- und Besitzverhältnisse an Grundeigentum. Besonders wichtig ist auch der Krankenversicherungsschutz. Ist ein Ehegatte bei dem anderen Ehegatten diesbezüglich mitversichert, so endet der Versicherungsschutz 3 Monate nach dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung. In diesen 3 Monaten hat der mitversicherte Ehegatte Zeit, zu einem anderen Versicherungsunternehmen zu wechseln.

Ist ein Ehevertrag sinnvoll?

Sinnvoll kann es ggf. sein, wenn die Ehegatten vertragliche Vereinbarungen über Vermögens- und Unterhaltsfragen treffen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es Bereiche gibt, welche die Ehegatten allein nicht rechtlich verbindlich und damit wirksam regeln können. Z. B. kann in einer privatschriftlichen Vereinbarung der Ehegatten nicht gleichzeitig auf Trennungs- und nachehelichen Unterhalt verzichtet werden oder auf Trennungsunterhalt im Voraus. Üblich ist es z. B., dass die Ehegatten über Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung Regelungen treffen. Für Vereinbarungen vor Rechtskraft der Scheidung über nachehelichen Unterhalt ist das Formerfordernis der notariellen Beurkundung einzuhalten oder eine entsprechende Vereinbarung dem Scheidungsrichter zu Protokoll zu geben. Auf Trennungsunterhalt im Voraus kann indes grundsätzlich nicht wirksam verzichtet werden. Auch nicht jede notarielle Scheidungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung oder jeder Ehevertrag ist wirksam. Hier hat sich in den letzten Jahren durch die höchstrichterliche Rechtssprechung einiges geändert. Eheverträge unterliegen einer richterlichen Wirksamkeitskontrolle, insbesondere einer Inhalts- und Ausübungskontrolle. Eheverträge dürfen keine Regelungen enthalten, die eine völlig einseitige Lastenverteilung zum Nachteil des anderen Ehegatten darstellen oder insbesondere bei Eheverträgen mit versorgendem Charakter, die Unerfahrenheit, Willensschwäche oder Zwangslage des anderen Ehegatten ausnutzen.

Zusammen mit der Ehescheidung wird von Amts wegen der sog. Versorgungsausgleich durchgeführt. Hier werden die während der Ehezeit durch die Ehegatten erworbenen Anrechte auf Versorgungen, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen. Bereits vor Einreichung eines Scheidungsantrages während des Trennungsjahres empfiehlt es sich, einen sog. Kontenklärungsantrag bei den Rentenversicherungsträgern zu stellen. Auf diese Weise erfahren die Eheleute z. B. ob „Lücken im Versicherungsverlauf“ bestehen oder „nicht belegte Zeiten“ vorhanden sind und können Nachweise für nicht geklärte Zeiträume, berufliche Tätigkeiten, Schulabschlüsse etc. nachreichen. Dies hat den Vorteil einer raschen Klärung des Versorgungsausgleichsverfahrens.

Was bedeutet Zugewinn?

Ggf. ist noch der sog. Zugewinnausgleich durchzuführen. Beim Zugewinnausgleich wird zunächst für jeden Ehegatten getrennt voneinander der sog. Zugewinn berechnet, also das Anfangsvermögen bei Eingehung der Ehe mit dem Endvermögen bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages verglichen. Neu ist, dass das Endvermögen auch negativ sein kann. Wer während der Ehe persönliche Schulden abbaut, also sein negatives Anfangsvermögen verringert, erwirtschaftet auch einen Zugewinn. Zugewinn ist derjenige Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Zugewinn wird zunächst für jeden Ehegatten isoliert festgestellt. Übersteigt dann der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen Ehegatten, steht demjenigen Ehegatten, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, die Hälfte des Überschusses als Ausgleichsforderung zu. Zu beachten ist jedoch, dass die Verpflichtung zum Zugewinnausgleich auf dasjenige Vermögen beschränkt ist, das bei Beendigung des Güterstandes vorhanden ist. Zugewinnausgleichsansprüche verjähren in 3 Jahren ab Rechtskraft der Scheidung.

Unterhalt für Kinder bis 3 Jahren

Auch für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung können bestehen Unterhaltsansprüche bestehen. Der wichtigste ist hier der Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes. Der geschiedene Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens 3 Jahre nach Geburt Unterhalt verlangen. Aus Billigkeitsgründen kann die Bezugsdauer im Einzelfall verlängert werden. Hier spielen die Belange des Kindes und die Möglichkeit der Kindesbetreuung die entscheidende Rolle. Verlängerungsmöglichkeiten der Bezugsdauer des Unterhaltsanspruch ergibt sich also aus den voran genannten kindbezogenen Gründen. Aber auch aus elternbezogener Gründe kann die Dauer des Unterhaltsanspruches verlängert werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hierbei sind insbesondere die Gestaltung der Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie die Ehedauer zu berücksichtigen.

Neben dem Tatbestand des Unterhaltes wegen Betreuung eines Kindes kennt das Gesetz sechs weitere Gründe für nachehelichen Unterhalt nach der Scheidung, nämlich Unterhalt wegen Alters, Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen, Erwerbslosenunterhalt, Aufstockungsunterhalt, Unterhalt wegen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung und schließlich Unterhalt aus Billigkeitsgründen. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt stellt einen einheitlichen Anspruch dar, dessen Umfange sich grundsätzlich nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt. Eine Gerichtsentscheidung, die über nachehelichen Unterhalt ergeht, umfasst den nachehelichen Unterhaltsanspruch insgesamt, unabhängig davon, welcher Tatbestand zu vorgenannten Unterhaltstatbestände in Betracht kommt und vom Gericht überprüft worden ist. Bei Zurückweisung eines Antrages auf nachehelichen Unterhalt sind alle Unterhaltstatbestände verneint. Unter Umständen können die Unterhaltstatbestände auch miteinander kombiniert werden. Weitere Einzelheiten des Verhältnisses der Tatbestände des nachehelichen Unterhaltes zueinander und deren Ineinandergreifen können hier aus Gründen der Komplexität der Sachmaterie nicht abschließend und erschöpfend dargestellt werden. Es kommt auf die Besonderheiten des zu beurteilenden Einzelfalles an.

Besonders bedeutsam in der Praxis ist schließlich auch, wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind. Während der Trennung und nach Rechtskraft der Scheidung steht demjenigen Ehegatten, bei dem das gemeinsame Kind oder die Kinder nicht ihren Lebensmittelpunkt haben, ein sog. Umgangs- und Besuchsrecht zu. Er ist berechtigt, aber auch verpflichtet, seine Kinder regelmäßig zu sehen. Maßstab für die Häufigkeit und Dauer der Umgangs- und Besuchskontakte ist ausschließlich das Kindeswohl. Falls es das Kindeswohl erfordert, kann das Umgangsrecht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Bei (befristetem) Ausschluss des Umgangsrechtes ist aber genau durch das Gericht zu prüfen, ob nicht als milderes und weniger einschneidendes Mittel z. B. sog. begleitete/beschützte Umgangskontakte in Betracht kommen. Begleiteter Umgang bedeutet, dass die Umgangskontakte mit dem Kind in Gegenwart eines Dritten, z. B. des Kinderschutzbundes oder eines Mitarbeiters des Jugendamtes stattfinden. Ziel der begleiteten Umgangskontakte soll es sein, dass auf Dauer unbegleitete Umgangskontakte des Umgangsberechtigtem mit dem Kind ermöglicht werden. In der Praxis ist zu beachten, dass viele Amtsgerichte bei Umgangsverfahren im Rahmen der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe es als Voraussetzung ansehen, dass vor Stellung eines gerichtlichen Umgangsantrages der Umgangsberechtigte vorher vergeblich versucht hat, mit dem Umgangsverpflichteten unter Einschaltung des Jugendamtes eine Umgangsvereinbarung zu schließen. Ansonsten versagen viele Amtsgerichte die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe und betrachten die Einleitung eines Umgangsverfahrens als „mutwillig“.

Kosten

Hinsichtlich der etwaigen Kosten für familienrechtliche Auseinandersetzungen ist noch zu beachten, dass selbst für den Fall des Bestehens einer Rechtsschutzversicherung diese nicht für die Übernahme der Kosten familiengerichtlicher Verfahren eintrittspflichtig ist. Eine Ausnahme besteht allenfalls im Bereich familienrechtlicher Erstberatung.

*1 Sie gehen vom „Normalfall“ aus, dass der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft besteht und keine abweichenden Regelungen (z. B. Ehevertrag/Gütertrennung) getroffen sind. Auf die Gestaltungsmöglichkeiten von Eheverträgen kann im Rahmen dieses Leitfadens leider nicht eingegangen werden, weil dadurch dessen Umfang gesprengt werden würde. Auch bestehen Abweichungen bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung bei sog. Wahlgüterständen wie Gütertrennung oder Gütergemeinschaft. Nachfolgende Darlegungen wollen lediglich einen schematisierten Überblick über die sog. Normalfälle geben. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und erschöpfende Regelungen von Detailfragen. Keinesfalls ersetzen diese Ausführungen eine familienrechtliche Beratung im Einzelfall. Diese Ausführungen sind auch nicht zur Beantwortung konkreter rechtlicher Einzelfragen geeignet. Auch werden Probleme der eingetragenen Lebenspartnerschaft, insbesondere die Verpflichtung zum Lebenspartnerschaftsunterhalt, der Güterstand der Lebenspartner und die Möglichkeiten der Gestaltung eines Lebenspartnerschaftsvertrages nicht behandelt. Nur so viel sei hier ausgeführt, dass eingetragene Lebenspartner im Güterstand der Zugewinnsgemeinschaft leben, wenn sie nicht durch Lebenspartnerschaftsvertrag etwas anderes vereinbaren. Die Regeln für die Ehe betreffend den Zugewinnausgleich gelten für die Lebenspartnerschaft entsprechend.

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Autor: Rechtsanwalt Dirk Van der Straeten